Donnerstag, Mai 26, 2011

Interview mit Steffen Quinger


Hallo Sportfreunde,

in unserer Interview Serie haben wir diesmal 10 Fragen rund um das Angeln in Deutschland an Steffen Quinger, den Referenten "Angeln" im DAV, gestellt... viel Spass beim Lesen.



1. Da man Dich hier bei uns im Westen eher selten sieht und Dich allenfalls vom Namen her kennt, wäre es vielleicht sinnvoll, wenn Du Dich zunächst vorstellst.

Steffen Quinger 48 Jahre, verheiratet, in der Stadtverwaltung tätig als Landschaftsplaner, seit 1973 im DAV organsisiert und seit 2008 ehrenamtlich als Referent Angeln im DAV tätig. Ich angle selbst aktiv, am liebsten Stippfischen aber auch gern Fliegenfischen.

2. Aus Gesprächen mit anderen Anglern weiss ich, dass vielen Sportfreunden der Aufgabenbereich des „Referenten Sport“ im DAV nicht wirklich klar ist. Vielleicht erklärst Du uns zunächst worin genau Deine Aufgaben bestehen und wie Du diese Aufgaben angehst.

Ich bin verantwortlich für die Organisation aller nationalen und internationalen Aktivitäten im Bereich Angeln im Süßwasser im Bundesverband des DAV. Da reicht die Spanne vom Fliegenfischen, Black-Bass, Carp-Fischen, Spinnangeln bis hin zum sogenannten Stippfischen.

3. Aus unserer Sicht ist die Einführung und Durchführung des IAM eine Deiner herausragenden Leistungen – Vielen Dank dafür! Dennoch gibt es auch hier kritische Stimmen – insbesondere in Punkto „Finanzen“ – Kannst Du uns einen ganz groben Überblick von den anfallenden Kosten des IAMs geben.

Grundsätzlich laufen alle Einnahmen und Ausgaben von Veranstaltungen des Referates Angeln; vom Anglertreff Vereine über das IAM bis hin zur Teilnahme an Weltmeisterschaften über eine Treuhandkonto des Verbandes. Alle Einnahmen und Ausgaben müssen nach Veranstaltungsende fristgerecht in der Geschäftsstelle des Verbandes abgerechnet werden und Rechnungen, Quittungen, Einnahmebelege etc. über alle Posten im Original vorgelegt werden.
Das gilt auch für das IAM.
Bei der Kontrolle von Abrechnungen im Verband herrscht ein 10 Augen-Prinzip, zu denen ich letztendlich auch die dafür zuständigen Kassenprüfer bzw. Revisoren zähle.
Diese berichten öffentlich in der jährlichen Jahreshauptversammlung über das Ergebnis der Kassenprüfung und Revision.
Wir haben uns nicht nur beim IAM ein sehr hohes Niveau in der Durchführung und Vorbereitung angeeignet. Das ist auch das was diese Veranstaltung so einzigartig macht. Dadurch fallen aber auch Kosten an die für andere Veranstaltungen nicht
üblich sind, wie z.B. für eine professionelle Moderatorin, Bühnenaufbau am Platz der Verlosung oder auch ein Showact zur Abschlussveranstaltung.
Letztendlich sind wir jedes Jahr froh wenn am Ende der Veranstaltung finanziell alles plus minus Null abgelaufen ist. Ich werde aber den Hinweis aufnehmen und zum IAM 2011 die Abrechnungen der letzten Veranstaltungen zur besseren Transparens auf Wunsch zur Einsicht mit vorlegen. Der IAM ist übrigens eine Gemeinschaftsveranstaltung von www.champions-team.de und DAV.



4. Natürlich müssen wir das Thema Feedersichtung noch einmal ansprechen. Zunächst der Rücktritt von Lars Lindemann als Bundestrainer noch ehe es so richtig losging – dann ging man bei der Nominierung der Sichtungsteilnehmer eher ungewöhnliche Wege und zu guter Letzt die 3er Lösung bei den Coaches, welche zumindest umstritten ist – würdest Du dieses Thema aus heutiger Sicht wieder genau so angehen oder würdest Du rückblickend andere Wege gehen?

Vieles mit dem ich mich in der Funktion beschäftigen muss ist auch für mich neu. Ich will es nicht allen recht machen, sondern den besten Weg suchen um deutsche Teams international nach vorn zu bringen. Ich bin nicht unfehlbar und bin immer auf Hilfe angewiesen. Es ist manchmal sehr schwer bestimmte Entscheidungen zu treffen, aber letztendlich ist es mein Job dies zu machen.
Der Weg zur Nominierung der Sichtungsteilnehmer über die Förderer hat viel Unmut erzeugt, aber die Sichtung der potentiellen Teilnehmern in so großen Landesverbänden wie z.B. Sachsen –Anhalt braucht wirklich einen gewissen Vorlauf. Den wir ja jetzt haben und auch wie versprochen im ersten DAV-Feederangeltreff jetzt im Juli umsetzen.
Letztendlich hatten wir im März zum Sichtungsfischen ein sehr hochkarätiges Starterfeld.. Das Niveau war sehr hoch, wenn auch das Gewässer und die Jahreszeit völlig daneben. Der Termin konnte aber von etlichen Teilnehmern nicht mehr verschoben werden und auch Rundfragen meinerseits an die Teilnehmer ob wir nicht kurzfristig ein anderes Gewässer ausweichen wollen wurde einstimmig abgelehnt.

Die 3er Lösung, ob das gut ist, die Frage beantworte ich nach der Feeder- WM ;-). Ich bin froh solche Leute wie Michael Schlögl, Michael Zammataro und Matthias Weigang bei der ersten Feeder-WM mit im Boot zu haben. Ich vertraue allen 3en und denke das sie in Italien ein Team formen, dass sich hoffentlich unter den ersten 5 Teams platziert. Ich gehe auch davon aus das alle Teilnehmer mannschaftsdienlich denken.


5. Gerade vor ein paar Tagen fand das Sichtungsfischen der „Nachwuchsangler - Klassisch“ im O 19 Bereich statt – wie sind die ersten Erfahrungen – kann oder darf man bereits Namen der Angler nennen, die sich empfehlen konnten und ist für andere Disziplinen – z.B. Feeder – ähnliches geplant?

Namen für 2012 stehen jetzt noch nicht fest. Sicher ist, das es eine Verjüngung geben wird. Wir haben entgegen aller Unkenrufe junge Talente. Hier muss man noch besser anbinden und diesen jungen Leute die Chance für Erfahrungen geben. Das Thema Sichtungsfischen, ob Jugend oder Veteranen wird zukünftig noch stärker auf Qualifizierung und Vielseitigkeit abgestellt.


6. Der Schwerpunkt unseres Blogs liegt zweifelsohne im Bereich Stippangeln – daher möchten wir hier auch etwas tiefer einsteigen. Wer die Ergebnislisten im www genauer studiert muss erkennen, dass zahlreiche DAV Kaderangler vorwiegend an Gewässern anzutreffen sind, die über ein enormes Fischreichtum verfügen – Silokanal, SPK Kanal, Chep usw.. International – hier insbesondere bei EM und WM treffen wir solche Verhältnisse kaum einmal an – 10 Kilogramm bei einem WM Durchgang sind doch bereits eher die Ausnahme – zudem kommt der Mückenlarve an Stelle von Wurm und Caster hier enorme Bedeutung zu – auch das lang lang fischen ist International nahezu ausgestorben. Teilst Du die Meinung, dass wir im Sinne eines erfolgreicheren internationalen Abschneidens mehr Wert auf einen „breiter gefächerten Pflicht-Terminkalender“ für unserer TOP Angler legen sollten und wie gedenkst Du in Zukunft hier weiter zu verfahren?

Ich gebe Dir hier nicht ganz recht. Fakt ist, das die von Dir erwähnten Gewässer in Bundesländern/Ländern liegen die von Ihrer Gesetzesgebung her mehr Spielraum zulassen bei der Planung von Veranstaltungen. Und es ist einfach mehr Fisch da. Jeder Veranstalter möchte natürlich nicht am Ende mit Nullfängern rechnen müssen. Da sucht man sich automatisch die Gewässer aus die gute Fänge garantieren und wo die Organisation leicht fällt. Die Zeiten von lang lang sind in meinen Augen lange vorbei. Die Pflichtdurchgänge zum Sichtungsfischen 2011 mit Matchrute, Kleinfischfang und Pole waren dazu der richtige Weg. Ich sehe vielmehr den Trend dahin das zunehmend WM und EM in Ländern stattfindet wo der Karpfen mit eine Hauptrolle spielt und die dazu erforderlichen speziellen Techniken bei uns einfach zu wenig praktiziert werden können. Dem tragen wir dahingehend Rechnung einfach noch früher und gezielter mit den direkten Vorbereitungen auf die EM und WM zu beginnen.

7. Häufig werde ich von Jugendlichen gefragt, wie Sie denn eigentlich die Möglichkeit haben, irgendwann einmal in der Jugend Nationalmannschaft zu angeln. Sicher wirst Du besser als jeder andere diese Frage beantworten können.

Da gibt es eine einfach Antwort, diese Jugendlichen sollen sich an den zuständigen Referenten für Angeln in ihrem Bundesland wenden und sich dort für eine Teilnahme an dem DAV- Anglertreff Länder bewerben. Dort erfolgt die Sichtung über die zuständigen Trainer. Wenn diese den Jugendlichen für geeignet halten erfolgen dann die Einladung für Vorbereitungslehrgänge für Weltmeisterschaften.

8. WM in Italien und EM in Polen – nicht wenige sehen für Italien schwarz – jedoch für Polen goldige Aussichten – wie ist hier der Stand der Dinge? Hat man bereits eigene Erfahrungen an den Gewässern machen können und wie schätzt Du die Chancen der DAV Teams ein?

Es ist wie im Fußball, inzwischen kann jeder jeden schlagen. Angelteams aus Slowenien, Kroatien, Serbien oder auch aus Russland spielen längst keine Außenseiterrolle mehr. Natürlich hoffe ich auf vorderste Plätze.
Polen wird schwer, die Strecke hatte in den letzten Tagen Hochwasser, von uns angereiste Aktive konnten nur unter unrealistischen Bedingungen die Strecke testen. Ich hoffe aber stark auf die gute Mischung aus Erfahrung a la Ralf Hertlitzschke und „heißes“ Blut wie Johannes Böhm.


Mein Tipp: Top-Five.

9. Immer wieder ein Thema sind die Finanzen im Angelsport – will man auf internationaler Bühne vorne mitmischen, summieren sich die Kosten zu oft unüberwindbaren Hürden. Wie sieht die finanzielle Ausstattung der DAV Teams aus – woher kommen die Gelder und wie hoch ist im Einzelfall der verbleibende Eigenanteil bei ener WM oder EM Teilnahme?

Das Geld kommt natürlich vom Bundesverband aber inzwischen auch im nicht unerheblichen Maße von Förderern und Unterstützern des DAV. Ohne diese wäre vieles nicht möglich. Wir haben inzwischen im Referat Angeln 14 Partner die uns aktiv finanziell unterstützen.
Ziel ist es immer die Teams bei Veranstaltungen so weit wie möglich finanziell zu entlasten. In der Regel tragen das Herren- Jugend -und Damenteam nur ihre Reise- und Verpflegungskosten selbst. Unterkunft, Köder, Futter, Startgebühren etc. werden dann über den DAV bzw. die Förderer abgedeckt.
Das können wir aber nicht überall finanziell durchhalten. Die Teams der Veteranen, die Black-Bass-Angler aber auch die Fliegenfischer tragen teilweise einen hohen Eigenanteil der schon mal vierstellig ausfallen kann.


10. Sicher wird Deine verbleibende Freizeit knapp bemessen sein – dennoch hoffen viele Angler im Westen, den Chef der Deutschen Matchangler auch einmal bei einer grossen Veranstaltung „hier bei uns“ begrüssen zu dürfen. Wie stehen die Chancen, dass wir Dich vielleicht mit Deinem Team in Zukunft einmal hier antreffen.

Ich arbeite in dieser Funktion ehrenamtlich, möchte aber besonders dahingehend mitwirken das wir uns weniger nach Ost und West unterscheiden, sondern von Anglern und Nichtanglern. Das große Problem ist wirklich der Zeitfaktor. Trotzdem wünsche mir das man mich mehr kontaktiert bei Fragen oder Problemen zum Referat Angeln.


wir danken Steffen Quinger für dieses Interview und wünschen dem DAV und allen seinen Teams viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben!